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01.09.2023
Österreich steht vor einem ernsten Problem: Der Fachkräftemangel. In vielen Branchen und Berufen fehlen qualifizierte Arbeitskräfte, die die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen decken können. Mit negativen Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit, das Wachstum und die Innovation der österreichischen Wirtschaft.
Aber auch die Gesellschaft leidet unter dem Fachkräftemangel, der zu sozialen Ungleichheiten, Versorgungsengpässen und demografischen Herausforderungen führt. Was sind die Ursachen, die Folgen und die möglichen Lösungen für dieses Problem?
Die Ursachen des Fachkräftemangels
Der Fachkräftemangel hat mehrere Ursachen, die sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite des Arbeitsmarktes liegen. Zu den wichtigsten Faktoren gehören:
- Der demografische Wandel: Die Bevölkerung Österreichs altert und schrumpft. Bis 2050 wird die Zahl der 65-Jährigen und Älteren um 8,4 Prozentpunkte auf 27,8 Prozent steigen, während die Zahl der Erwerbspersonen um 0,9 Prozentpunkte auf 54,1 Prozent sinken wird. Dies führt zu einem Rückgang des Arbeitskräftepotenzials und zu einem Anstieg des Altenquotienten, der das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen misst.
- Die Qualifikationslücke: Die Anforderungen an die Qualifikationen und Kompetenzen der Arbeitskräfte steigen stetig an, vor allem durch die Digitalisierung, die Globalisierung und den Strukturwandel. Gleichzeitig gibt es einen Mangel an Fachkräften mit entsprechenden Ausbildungen und Weiterbildungen, insbesondere in den Bereichen Technik, Naturwissenschaften, Mathematik und Informatik (STEM). Laut einer Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) fehlen österreichweit 2.200 Pflegekräfte und 700 Ärzte, sowie Tausende von Ingenieuren, Programmierern, Lehrern und Erziehern.
- Die Mobilitätsbarrieren: Die regionale Verteilung von Angebot und Nachfrage nach Fachkräften ist oft unausgewogen. Es gibt Gebiete mit einem Überangebot an Arbeitskräften und solche mit einem Unterangebot. Die Bereitschaft der Arbeitskräfte, sich räumlich oder beruflich umzuorientieren, ist jedoch gering. Dies liegt unter anderem an den hohen Kosten, den sozialen Bindungen und den kulturellen Unterschieden.
Die Folgen des Fachkräftemangels
Der Fachkräftemangel hat negative Konsequenzen für die Wirtschaft und die Gesellschaft in Österreich. Zu den wichtigsten Folgen gehören:
- Die Wachstumsbremse: Der Fachkräftemangel beeinträchtigt die Produktivität, die Innovationsfähigkeit und die Wettbewerbsfähigkeit der österreichischen Unternehmen. Laut einer Umfrage der Wirtschaftskammer (WKO) sehen 80 Prozent der befragten Betriebe den Fachkräftemangel als das größte Risiko für ihre Geschäftsentwicklung an. Der Fachkräftemangel könnte bis 2030 zu einem kumulierten Wertschöpfungsverlust von rund 60 Milliarden Euro führen.
- Die Versorgungslücke: Der Fachkräftemangel gefährdet auch die Qualität und Sicherheit der öffentlichen Dienstleistungen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Bildung und Soziales. Es kommt zu längeren Wartezeiten, schlechterer Betreuung und höheren Kosten für die Patienten, Schüler und Klienten. Der Fachkräftemangel könnte auch zu einer Verschlechterung der sozialen Sicherungssysteme führen, da weniger Beitragszahler für mehr Leistungsempfänger aufkommen müssen.
- Die soziale Schieflage: Der Fachkräftemangel verstärkt auch die sozialen Ungleichheiten in der Gesellschaft. Es entsteht eine Zweiklassen-Gesellschaft zwischen den Fachkräften, die hohe Einkommen, gute Arbeitsbedingungen und attraktive Karrierechancen haben, und den Nicht-Fachkräften, die niedrige Einkommen, schlechte Arbeitsbedingungen und geringe Aufstiegsmöglichkeiten haben. Der Fachkräftemangel könnte auch zu einer Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften ins Ausland führen, was zu einem Verlust von Humankapital und Steuereinnahmen führt.
Die Lösungen für den Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel ist eine komplexe und langfristige Herausforderung, die eine gemeinsame Anstrengung von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft erfordert. Zu den möglichen Lösungsansätzen gehören:
- Die Bildungsoffensive: Die Bildung ist der Schlüssel zur Schließung der Qualifikationslücke und zur Förderung der Mobilität der Arbeitskräfte. Es braucht eine Verbesserung der Qualität und Quantität der Bildungsangebote, insbesondere in den STEM-Bereichen, eine stärkere Ausrichtung an den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes, eine Erhöhung der Durchlässigkeit zwischen den Bildungssektoren und eine Ausweitung der lebenslangen Lernmöglichkeiten.
- Die Zuwanderungsstrategie: Die Zuwanderung ist eine wichtige Quelle zur Erhöhung des Arbeitskräftepotenzials und zur Diversifizierung der Qualifikationen und Kompetenzen der Arbeitskräfte. Es braucht eine gezielte Anwerbung von qualifizierten Zuwanderern, insbesondere aus Drittstaaten, eine Vereinfachung der Zulassungs- und Anerkennungsverfahren, eine Verbesserung der Integrationsmaßnahmen und eine Förderung der Willkommenskultur.
- Die Sozialverantwortung: Die Sozialverantwortung ist eine ethische Haltung, die von den Unternehmen erwartet wird, um einen freiwilligen Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft zu leisten. Es braucht eine stärkere Berücksichtigung der sozialen und ökologischen Belange in der Unternehmensführung, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Mitarbeiterbindung, eine Erhöhung der Investitionen in Forschung und Entwicklung und eine Bereitstellung von sinnvollen Mitarbeiter-Benefits, wie zum Beispiel einer betrieblichen Krankenversicherung für alle Mitarbeiter:innen.
Fazit: Der Fachkräftemangel ist ein „Gamechanger“
Der Fachkräftemangel in Österreich ist eine ernste Herausforderung für die Wirtschaft und die Gesellschaft, die nicht ignoriert werden kann. Er erfordert ein Umdenken und ein Umlenken in vielen Bereichen, um die Ursachen zu bekämpfen, die Folgen zu mildern und die Lösungen zu finden. Der Fachkräftemangel zwingt uns zu Veränderungen, die zu mehr Wachstum, Innovation und sozialem Zusammenhalt führen können. Dafür braucht es eine gemeinsame Vision, eine gemeinsame Strategie und eine gemeinsame Verantwortung aller Beteiligten im Unternehmen.
Ein wichtiger Aspekt dieser Verantwortung ist die soziale Verantwortung der Unternehmen, die nicht nur ihren Gewinn, sondern auch ihren Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft im Blick haben sollten. Die soziale Verantwortung umfasst unter anderem die Berücksichtigung der sozialen und ökologischen Belange in der Unternehmensführung, die Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der Mitarbeiterbindung, die Erhöhung der Investitionen in Forschung und Entwicklung und die Bereitstellung von sinnvollen Mitarbeiter-Benefits, wie zum Beispiel einer betrieblichen Krankenversicherung für alle Mitarbeiter:innen.
Die betriebliche Krankenversicherung ist ein Beispiel für ein Mitarbeiter-Benefit, das sowohl den Mitarbeitern als auch den Unternehmen Vorteile bringt. Die Mitarbeiter profitieren von einer besseren Gesundheitsversorgung, einer höheren Zufriedenheit und einer geringeren Abhängigkeit von den öffentlichen Systemen. Die Unternehmen profitieren von einer höheren Produktivität, einer geringeren Fluktuation und einer stärkeren Attraktivität für potenzielle Fachkräfte. Ein Beispiel für ein Unternehmen, das seinen Mitarbeitern eine betriebliche Krankenversicherung anbietet, ist Google, das als einer der attraktivsten Arbeitgeber der Welt gilt. Google bietet seinen Mitarbeitern neben der Krankenversicherung auch viele andere Zusatzleistungen an, wie zum Beispiel kostenlose Mahlzeiten, Fitnesscenter, Schlafgelegenheiten und Gastreferenten.
Die betriebliche Krankenversicherung ist nur eines von vielen möglichen Mitarbeiter-Benefits, die die Unternehmen ihren Fachkräften anbieten können, um sie zu gewinnen und zu halten. Andere Beispiele sind flexible Arbeitszeiten, Weiterbildungsmöglichkeiten, Kinderbetreuung oder Unterstützung bei der Altersvorsorge. Das Wichtigste ist jedoch, dass die Unternehmen ihre Mitarbeiter als Menschen wertschätzen und ihnen das Gefühl geben, dass sie einen Sinn in ihrer Arbeit finden und einen Unterschied machen können. Nur so können sie dem Fachkräftemangel entgegenwirken und eine positive Veränderung bewirken.
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